"Steigerwaldbahn ist nicht die Lösung"
Jüngste Stellungnahmen zur Zukunft der stillgelegten Bahnstrecke Kitzingen-Etwashausen/ Schweinfurt sowie Forderungen vor allem von „grüner“ Seite und Zuschriften aus der Bevölkerung an mich als Stimmkreisabgeordneter im Bayerischen Landtag und Staatssekretär im Bayerischen Innenministerium veranlassen mich, einmal in aller Deutlichkeit meinen Standpunkt zur sogenannten „Steigerwaldbahn“ darzulegen.
Ich verknüpfe damit die Hoffnung auf zukünftig mehr Sachlichkeit und Nüchternheit in der Betrachtung des Vorgangs. Vor allem wende ich mich dagegen, dass die Diskussion weiterhin durch Träumereien, Halbwahrheiten, rückwärtsgewandter Nostalgie und ideologische Verblendung, vor allem aber durch jeden Realitätsverlust geprägt wird.
Ich rufe deshalb einige Fakten in Erinnerung, die geflissentlich und von interessierter Seite verschwiegen werden. Beispielsweise Folgendes:
Die 1893 zwischen Kitzingen und Gerolzhofen und 1903 von Gerolzhofen bis Schweinfurt entstandene Bahnstrecke wurde im April 1945 durch die Sprengung der Kitzinger Mainbrücke durch die Wehrmacht bis heute von der Bahnhauptstrecke Würzburg-Nürnberg getrennt. Sie endet also nicht wie suggeriert, in Kitzingen, sondern auf der anderen Mainseite, rund zweieinhalb Kilometer vom Bahnhof Kitzingen entfernt, was die Erreichung von Anschlusszügen, vor allem mit Gepäck, so außerordentlich erschwert, dass es unattraktiv wird, auf diesem Wege, beispielsweise täglich zur Arbeit zu fahren oder eine Reise anzutreten.
Und den möchte ich sehen, der nach Einkäufen in Schweinfurt seine schwere Einkaufstasche einen Kilometer zum Bahnhof schleppt, um dann 1,9 Kilometer mit der Bahn nach Sennfeld zu fahren.
Die angeblich so attraktive Bahnlinie bestünde aus einer Kette von 17 Haltepunkten, die im Durchschnitt nicht weiter als 2 bis 3 Kilometer auseinander liegen. Kaum angefahren, müsste der Zug schon wieder bremsen. Ich erinnere mich noch genau an die nervenzehrende Fahrt mit regionalen Zügen, die an jeder Milchkanne gehalten haben. Ich bezweifle, dass diese Art zu reisen, heute plötzlich wieder attraktiv sein soll.
Seit fast genau 38 Jahren, seit dem 31. Mai 1981, findet auf der Strecke kein Personenverkehr mehr statt. Und das nicht etwa, weil man aus Jux und Tollerei eine hervorragend nachgefragte und stark benutzte Nahverkehrs-verbindung kaputtgemacht hätte. Vielmehr haben die Menschen der Region selbst mit den Füßen abgestimmt und ihrer individuellen und flexiblen Mobilität Vorrang vor einem in die Jahre gekommenen Verkehrsmittel eingeräumt, das ihren Bedürfnissen nicht mehr gerecht wurde.
Die Bahnstrecke ist infolge geänderter Mobilitätsansprüche der Bevölkerung und neuer Anforderungen der Wirtschaft an hochpräzise Just-in-time-Anlieferung „aus der Zeit gefallen“. Wer heute behauptet, dass man der Strecke jetzt „den Todesstoß“ geben wolle, verschweigt aus Gründen der Zweckdienlichkeit, dass die Strecke schon längst „tot“ ist, mehr noch, dass es einen erheblichen Widerstand gegen eine Wiederbelebung in der Region gibt. Zu nahe sind die Gemeinden in der Zwischenzeit an die tote Strecke herangerückt. Wie viele Prozesse würde es entlang der Strecke geben, wenn plötzlich wieder Züge mitten durch die Wohnbebauung führen und die Menschen Vertrauensschutz einfordern würden.
Und was heißt überhaupt „Steigerwaldbahn“ für eine stillgelegte Bahnstrecke, die noch nicht einmal einen Meter durch den Steigerwald führt geschweige denn, in den Steigerwald hinein.
Die Behauptung, dass eine Wiederbelebung technisch möglich sei und mit wirtschaftlich interessanten Fahrgastzahlen zu rechnen sei, muss erst seriös, also nicht durch einen von den Grünen bestellten Gutachter, neutral analysiert und berechnet werden. Die mehrfach eingeforderten Potenzial-Bewertungen sind also unverzichtbar und die Grundlage für die Fortführung jeder weiteren Überlegung.